1. Behördengeschichte
Nach der Neuorganisation der Kreisgliederung in Preußen auf Basis der auf dem Wiener Kongress beschlossenen Grenzziehungen entstand am 1. Juli 1818 der Kreis Berent im Regierungsbezirk Danzig. Hatten die Kreise generell schon vor den Stein-Hardenbergschen Verwaltungsreformen in einer Doppelfunktion als ständische Verbände und untere staatliche Verwaltungsbezirke fungiert, blieb diese Charakteristik auch jetzt erhalten: der Landrat als Vertreter des Staates wurde vom König auf Vorschlag des Kreistags ernannt, die Landratsämter waren der dienstlichen Aufsicht der Regierungen unterstellt. Zum Geschäftskreis des Landrates zählten die allgemeine Landesverwaltungspolizei, Militärsachen, Gewerbeangelegenheiten sowie die Aufsicht über das Regalien- und Abgabewesen, insbesondere Steuerveranlagung und -einziehung. Der vom Landrat einberufene Kreistag hatte beratende Funktion, seine Aufgaben beschränkten sich weitestgehend auf die Steuerverteilung und Prüfung der Verwendung der Kreismittel. Im Gefolge der Kreisordnung von 1850 wurden als Vollzugsorgane der Kreisselbstverwaltung Kreisausschüsse begründet, denen man über die Zuweisung von Angelegenheiten der allgemeinen Landesverwaltung gleichzeitig den Charakter einer staatlichen Verwaltungsbehörde verlieh. Die Ausschüsse setzten sich zusammen aus dem Landrat als Vorsitzenden und sechs aus der Kreisversammlung gewählten Mitgliedern. Der Umfang der übertragenen Aufgaben wuchs schon bald über den ursprünglichen Auftrag - Vorbereitung der Kreistagsbeschlüsse, Verwaltung der Kreisangelegenheiten und Ernennung der Kreisbeamten - hinaus und umfasste u.a. die Armen- und Wegepolizei, gewerbe-, bau- und feuerpolizeiliche Angelegenheiten, öffentliche Gesundheitspflege und die Justizverwaltung. Der Geschäftskreis des Landrats selbst blieb im Wesentlichen unverändert, neue Aufgaben entstanden in der Folgezeit aus der Durchführung der Gewerbe- und Versicherungsgesetzgebung. Die Bestimmungen des Versailler Vertrages führten am 28. Juni 1919, also gut ein Jahrhundert nach Begründung des Kreises Berent, zu seiner Auflösung. Das Gebiet der preußischen Provinz Westpreußen fiel größtenteils an den polnischen Staat; ein schmaler Streifen an der Ostgrenze kam an die Freie Stadt Danzig. Im Zuge der Besetzung Polens durch deutsche Truppen wurde der Kreis Berent als Teil des neu gebildeten Reichsgaues (Danzig) Westpreußen 1939 wieder errichtet, um dann nach Ende des Zweiten Weltkriegs erneut Polen zugesprochen zu werden.
2. Bestandsgeschichte
Die wechselnde staatliche Zugehörigkeit des Gebietes der Provinz Westpreußen spiegelt sich auch in der Geschichte des Schriftguts der dortigen Behörden und seiner archivalischen Quellen wider. Die sich bereits 1918 anbahnende und im Versailler Vertrag ein Jahr später beschlossene Eingliederung des Territoriums in den wiedererstandenen polnischen Staat bzw. die neubegründete Freie Stadt Danzig führte zu einer Verlagerung sowohl von archivischen (Teil-) Beständen als auch laufenden Behördenschriftgut auf preußisches Gebiet vor allem nach Königsberg und Berlin; ein Prozess, der sich während der erneuten Zugehörigkeit des Territoriums zum Deutschen Reich 1939-1944 (s.o.) wiederholen sollte. Wann konkret und auf welchem Wege die vorliegende Überlieferung des Landratsamtes bzw. Kreisausschusses Berent in das Geheime Staatsarchiv gelangte, ist nach derzeitigem Kenntnisstand nicht zu beantworten. In einem 1912 publizierten Überblick des damaligen Archivdirektors Max Bär zu den Beständen des Staatsarchivs Danzig wird der Bestand unter der Abteilungsnummer 184 aufgeführt. Jedoch lässt sich nicht erkennen, ob die archivische Aufstellung lediglich vorbereitend oder bereits nach Abgabe durch die Behörde und archivischer Bewertung erfolgte. Wie insgesamt bei den ursprünglich aus dem Staatsarchiv Danzig bzw. aus dem Registraturgut der Behörden der Provinz Westpreußen stammenden Unterlagen wurde auch die Überlieferung des Landratsamtes bzw. Kreisausschusses Berent im Geheimen Staatsarchiv als XIV. Hauptabteilung unter Übernahme der Danziger Repositurnummer aufgestellt. Ein Teilbestand nicht verlagerter Archivalien im Umfang von 74 Verzeichnungseinheiten aus dem Zeitraum 1775-1920 befindet sich im heutigen Staatsarchiv Danzig (Archiwum Panstwowe w Gdansku). Für das vorliegende Findbuch wurden die Aktentitel überarbeitet und der Bestand klassifiziert; ein Signaturindex erleichtert das Auffinden bekannter Signaturnummern.
Quellen und Literatur - Geheimes Staatsarchiv PK, I. HA Rep. 178 Generaldirektion der Staatsarchive, Nr. 2199, 1919-1940 - Max Bär, Die Behördenverfassung in Westpreußen seit der Ordenszeit. Mit einem Geleitwort von Bernhart Jähnig (Sonderschriften des Vereins für Familienforschung in Ost- und Westpreußen e.V., Nr. 62), Danzig 1912, Nachdruck Hamburg 1989 - Grundriss zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815-1945, Reihe A: Preußen, hg. v. Walther Hubatsch, Bd. 1: Ost- und Westpreußen, bearb. v. Dieter Stüttgen, Marburg/Lahn 1975, S. 175 ff. - Peter Letkemann, Archivalien zur Geschichte Westpreußens im Geheimen Staatsarchiv in Berlin, in: Beiträge zur Geschichte Westpreußens. Zeitschrift der Coppernicus-Vereinigung zur Pflege der Heimatkunde und Geschichte Westpreußens e.V. Nr. 3, 1970, S. 138-153 - Staatsarchiv Danzig - Wegweiser durch die Bestände bis zum Jahr 1945. Generaldirektion der Staat-lichen Archive Polens, bearb. v. Czeslaw Biernat, aus dem Polnischen übers. v. Stephan Niedermeier (Schriften des Bundesinstituts für ostdeutsche Kultur und Geschichte, Bd. 16), München 2000 |